Erfahrungsberichte aus British Columbia

Salt Spring Island: Nina B.

Nach ganzen 1 1/2 Jahren Vorbereitung und Vorfreude ging es für mich am 1. September endlich los nach Salt Spring Island, Kanada. Salt Spring ist eine wunderschöne Insel direkt vor Vancouver Island. Ich habe mich dort direkt wie zuhause gefühlt, auch wenn ich mir am Anfang kaum vorstellen konnte ein halbes Jahr auf so einer kleinen Insel zu leben. Aber Salt Spring hat einfach eine ganz besondere Atmosphäre. Aufgeregt war ich kaum, erst als ich am Flughafen in Frankfurt war und mich von meiner Familie und meinen Freunden die mit zum Flughafen gekommen waren verabschieden musste, habe ich realisiert das es jetzt wirklich losgeht. Als ich in Victoria am Flughafen ankam und gemeinsam mit den anderen Deutschen meine Gastfamilie mit einem Schild dort stehen sah wurde ich dann doch sehr aufgeregt und wollte gar nicht hinaus aus der Schiebetür. Letztendlich bin ich dann doch gegangen, und nach einem unangenehmen ersten "Hallo" mit der Gastfamilie, da beide Seiten nicht wirklich wussten was sie sagen sollten, ging es dann mit dem Auto direkt zur Fähre. Mit der ging es dann rüber nach Salt Spring, eine wirklich traumhafte Insel von der ich an meinem Ankunftstag allerdings nicht viel gesehen hab, da es erstens dunkel war und ich zweitens die ganze Fahrt lang geschlafen habe. Am nächsten Morgen habe ich dann meinen Gastbruder und meine japanische Gastschwester kennengelernt, mit der ich mich nach einigen Sprachschwierigkeiten auch super verstanden habe. Vor dem ersten Schultag hatten wir mit allen Internationals einen Orientierungstag an dem wir erst gemeinsam Kajak fahren waren und dann in der Schule noch Informationen zum Schulalltag erhalten haben. Mein einziger Gedanke war: Das kriegst du niemals hin. Alles schien so kompliziert, das Schulsystem ist ein ganz anderes, ich hatte nur 5 Fächer, und diese jeden Tag in einer anderen Reihenfolge. Bis ich das wirklich verstanden hatte, hat es locker 2 Wochen gedauert. Die Schule selbst hat mir super gefallen. Alles ist viel lockerer, die Lehrer sind teilweise eher Freunde und es macht einfach Spaß. Ich hatte die Fächer Media Arts (eine Art Photographieunterricht), Physical Education, Foundations of Math 11 und Beginners Spanish. Sehr empfehlen kann ich Media Arts und Spanisch, Media Arts weil es einfach mal etwas anderes ist und Spanisch weil die Lehrerin einfach super ist und es unglaublich viel Spaß macht zu lernen. P.E. ist allein schon wegen des Lehrers ein Erlebnis für sich, und lohnt sich in jedem Fall. Außerdem hatte ich noch jeden Tag Work Zone (eine Art Hausaufgabenstunde), die ich persönlich aber relativ überflüssig fand. Auf Salt Spring ist es ehrlich gesagt wirklich nicht leicht kanadische Freunde zu finden, da diese sehr an die Internationals gewöhnt sind und sie nicht mehr besonders interessant finden. Wenn man aber offen auf die Leute zu geht ist auch das kein Problem. Ich selbst hatte eine sehr internationale Clique, in der aber auch wirklich viele Deutsche waren. Ich habe oft nicht so viel Englisch gesprochen wie ich es mir eigentlich vorgestellt hatte und die Internationals waren sehr häufig etwas isoliert. Dadurch dass man aber auch Freunde aus beispielsweise Mexiko, Chile oder Korea hatte, war das Verständigen durch viele Missverständnisse oft lustig und eine Herausforderung, durch die man auch super Englisch gelernt hat. Zu meiner Familie kann ich sagen, dass ich es oft schwer fand mich wirklich einzugliedern. Dadurch dass meine Gasteltern und auch mein 21-jähriger Gastbruder voll berufstätig waren, gab es wenig familiäre Aktionen, einzige Ausnahme war das tägliche Abendbrot. Meine Familie hat mir viele Freiheiten gelassen, und dadurch dass wir direkt in Ganges (der größten Stadt der Insel) lebten, war ich sehr selbstständig, da ich alle Busse kriegen oder von jemandem mitgenommen werden konnte. Ich bin zu Fuß zur Schule gegangen, war aber eine der wenigen Ausnahmen. Die meisten Leute kamen mit den typisch gelben, amerikanischen Schulbussen. Meine Zeit verging im Nachhinein echt schnell, obwohl ich in der Mitte der Zeit wirklich eine Heimwehphase hatte. Die hab ich dann aber durch lange Gespräche mit meinen Freunden in meinem Lieblingscoffeeshop Salt Spring Coffee und häufigem Skypen nach Hause auch wieder überwunden. An den Wochenenden sind wir oft mit der Fähre nach Victoria gefahren um zu shoppen, haben uns in Ganges getroffen oder Partys gefeiert, in der Hinsicht waren viele Gastfamilien sehr locker. So verging also meine Zeit auf Salt Spring und schon war Dezember, viele meiner engsten Freunde gingen zurück nach Deutschland und dann war Weihnachten. Das war für mich die schwerste Zeit der ganzen 5 Monate. Meine Familie hat sich zwar angestrengt mir und meiner Gastschwester die Weihnachtszeit so angenehm wie möglich zu gestalten, aber ich konnte mich nur schwer mit der kanadischen Version des Weihnachtsfestes anfreunden. Im Nachhinein war aber auch das eine sehr gute Erfahrung. Als kleiner Tipp für alle Weihnachts-Heimweh-Leute: Im Supermarkt gibt es deutsche Spekulatius zu kaufen, die dir wenigstens für einen kleinen Moment das Gefühl geben als hättest du ein deutsches Weihnachten. Nach Weihnachten ging die Zeit unglaublich schnell rum da ich selbst nur noch einen Monat hatte, den ich dann aber auch voll ausgenutzt habe.Und kaum hatte ich mich versehen stand ich schon wieder am Flughafen in Victoria, nur diesmal ging es für mich zurück nach Deutschland. Ein paar meiner Freunde waren mitgekommen und es gab wirklich einen filmreifen Abschied von mir und meiner besten Freundin dort, die zum Glück mit mir zusammen heim geflogen ist. Im Nachhinein war das das schwerste an meinem ganzen Aufenthalt, der Abschied. Ich bin jetzt seit 3 Monaten wieder zuhause, und alles was ich sagen kann ist: Ja, ein Auslandsjahr ist schwer und es gibt Tage an denen du einfach nur nach Hause willst, aber es lohnt sich zu 100%. Ich würde es jederzeit wiedermachen, es war wirklich die beste Zeit meines Lebens. Man macht so viele unersetzliche Erfahrungen und lernt so viele neue Leute kennen, dass im Nachhinein das Heimweh komplett lächerlich erscheint. Nina B. Gulf Islands Secondary School, Salt Spring Island, British Columbia

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