Erfahrungsberichte aus Kansas

Wichita: Johanna M.

Meine Gastfamilie

Homecoming mit Freunden

Partybus mit Freunden

Prom

Zuerst möchte ich mich ganz herzlich bei iSt bedanken! Ihr habt im Vorhinein ganz tolle Arbeit geleistet und mein letztes Jahr zum Besten meines Lebens gemacht. Ich bin Johanna und war zehn Monate in Wichita, Kansas. Wichita ist die größte Stadt Kansas mit ca. 300.000 Einwohnern. Als ich im Juli den lang ersehnten Anruf von iSt bekommen habe, in dem mir mitgeteilt wurde, dass ich endlich eine Gastfamilie bekommen hatte, habe ich vor Freude geweint. Eine Mitarbeiterin sagte mir, sie hätten eine „temporary host family“ für mich gefunden. Für kurze Zeit kam ich bei einer Familie unter, bis ASSE eine neue, permanente Familie fand. Diese kurzzeitige Gastfamilie bestand aus einer fünfzigjährigen Gastmutter, die alleine mit zwei Katzen und einem Hund wohnte. Drei Wochen nach dem Anruf saß ich im August in meinem Flieger nach Wichita. Ich war komischerweise gar nicht aufgeregt, aber freute mich unglaublich auf meine Zeit in Amerika. Angekommen am Flughafen in Wichita, traf mich der Schock. Niemand war gekommen, um mich abzuholen. Obwohl meine Gastmutter und meine Area Rep geschrieben hatten, dass sie mich abholen würden, war keine von beiden da. Also wartete ich mit meinem Gepäck.  Nach zehn langen Minuten kam meine Area Rep, die mir sagte, dass sie mich nach Hause bringen würde. Nach 4 Wochen wechselte ich die Gastfamilie und zog zu meinem Lehrer. Ich lebte in einer Patchwork Familie, die aus zwei Gastschwestern, Paige und Hailey bestand, einem Gastbruder Josh, meiner Gastmutter Peggy,  meinem Gastvater Richard, noch einer spanischen Austauschschülerin, Maite und zwei großen Hunden und einer Katze. Nach drei Tagen in Wichita ging für mich die Schule los. Ich ging auf die Northwest High School, eine öffentliche Schule, die 1400 Schüler hatte. Ich hatte das Privileg ein Senior zu sein anstelle eines Sophmores, weil ich ein Austauschschüler war. Jeden Morgen fuhr mich mein Gastvater und Lehrer zur Schule. Allerdings musste er vor Unterrichtsbeginn noch Papierarbeit erledigen, weswegen wir morgens schon um halb sieben in der Schule waren. Auf der Schule waren unter anderem noch vier weitere Austauschschüler aus Europa. Sie machten die Anfangszeit oft leichter, weil es uns allen gleich ging. Jedoch war es mir sehr wichtig amerikanische Freunde zu haben. Alle waren sehr freundlich und offen, somit fiel es mir leicht Anschluss zu finden. Da mir mein Jahr nicht anerkannt wurde, durfte ich größtenteils meine Fächer wählen wie ich sie wollte. Hier sind meine Stundenpläne für meine beiden Semester: 1st Semester                        2nd Semester
1. Psycology                        1. Senior English
2. Choir (Womens Chorus)                2. Choir (Womes Chorus)
3. Culinary Essentials (Kochen)                3. Sociology
4. Photography                        4. Government
5. Senior English                    5. Concert Choir
6. US History 2                        6. US History 2
7. Algebra 2                        7. Algebra 2
8. Anatomy & Physiology                8. Photography
9. Advocacy (Hausaufgaben Betreuung)        9. Advocacy (Hausaufgaben Betreuung) Meine Fächer waren einfach und haben vor allem Spaß gemacht. Mein Gastvater war mein Advocacy Lehrer, also gab er mir keine Noten, die ich zur Versetzung brauchte. Nach dem Unterricht kamen wir Austauschschüler und ein paar Seniors in sein Klassenzimmer und erzählten, gingen zu anderen Lehrern, oder in die Bücherei, was nur mit Pässen möglich war, oder machten Hausaufgaben, was eher selten der Fall war. Psycology und Sociology bestanden größtenteils daraus, Notizen bei den Power Point Präsentationen zu machen und mit diesen dann einen Multiplychoice Test zu schreiben. Ich hatte ein enges Verhältnis zu meiner Sociology Lehrerin, mit der ich immer noch in Kontakt stehe. Im Chor musste man nur engagiert mitarbeiten und bei allen Konzerten mitsingen, um ein A zu bekommen. In Photography haben wir im ersten Semester Kunstgrundlagen gelernt und im zweiten Semester durften wir dann fotografieren. Allerdings war unser Lehrer gegen Digitalkameras, deswegen haben wir die meiste Zeit in der Dunkelkammer verbracht und Filme entwickelt. Das lag mir leider nicht wirklich, aber mit ein bisschen Hilfe von Schülern und dem Lehrer fiel mir das Ganze auch gegen Ende leichter. Kochen war auch eines meiner Spaßfächer. Jede zweite Stunde wurde gekocht und in den anderen Stunden haben wir Theorie gemacht und uns auf die nächste Kocheinheit vorbereitet. Die Gerichte vielen leider sehr einfach aus und oft kochten wir Fertigmischungen, was mich enttäuschte, da ich ja wirklich Kochen lernen wollte. In Anatomy hatte ich die größten Probleme. Chemie und Biologie lag mir schon in Deutschland nicht und diese beiden Fächer kombiniert auf Englisch mit College Niveau waren gar nicht meins. Ich bin in jedem Test durchgefallen und wählte das Fach im zweiten Semester gleich als erstes ab. Meine Pflichtfächer gestalteten sich auch eher einfach. In Englisch war ich eine der Besten der Klasse. Algebra 2 war auf einem 9. Klasse Gymnasium Niveau also war der Unterricht eher Wiederholung für mich. US History 2 hat mir sehr viel Spaß gemacht, da ich die europäischen Hintergründe der beiden Weltkriege schon kannte, war es interessant das Ganze mal aus amerikanischer Sicht zu sehen. Government war ein Fach, das alle Seniors nehmen mussten. Ich nahm es im zweiten Semester. Das Fach an sich war sehr theoretisch und langweilig. Aber ich mochte meinen Lehrer und bleib gelegentlich auch nach Unterrichtsschluss in seinem Klassenzimmer, um mit ihm zu erzählen. Jeden Morgen um 7:58 Uhr kam der Song „I Like To Move It“, um den Schülern mitzuteilen, dass wir noch genau zwei Minuten hatten, um Punkt 8:00 Uhr in den Klassenzimmern zu sein. Wenn man fünfmal zu spät kam musste man Nachsitzen. Um auf die Toilette zu gehen oder Lehrer zu sehen, brauchte man immer Pässe, die von den betreffenden Lehrern ausgestellt wurden. Es gab drei Sport Seasons: Fall, Winter und Spring. Im Fall Season war Football, Soccer und Tennis angesagt. Ich ging regelmäßig mit meinen Freunden zu den Soccer und Football Spielen und spielte Tennis. Ich hatte davor noch nie Tennis gespielt, aber es machte mir Spaß mal etwas Neues auszuprobieren. Ich hatte jede Woche mindestens ein Spiel und unter der Woche immer Training für eineinhalb Stunden. Im Winter machte ich keinen Sport, aber ging zu den Basketballspielen. Die Vorbereitung für den Spring Season begann schon Anfang Januar. Ich entschloss mich Track and Field zu machen, also Leichtathletik. Meine Wahl fiel letztendlich auf Langstreckenlauf. Das Training begann nach Schulschluss und wir rannten im Schnitt fünf Meilen und einmal die Woche hatten wir Sprinttraining, da mussten wir zusätzlich zu den fünf Meilen noch zehn 400m Sprints rennen. Gar nicht so einfach, wenn man davor noch nie gerannt ist. So wie in Tennis hatte ich auch immer einen Wettkampf pro Woche. Ich fühlte mich sehr wohl in meinem Team und kam gut mit meinen Coaches zurecht. Manchmal holten mich meine Coaches in den Ferien ab, um mich zum Training zu fahren, wenn mich meine Gasteltern nicht hinbringen konnten. Im Oktober hatten wir unsere Spirit Week, die freitags mit dem Football Homecoming Game abgeschlossen wurde, und samstags war der Homecoming Dance. In der Spirit Week sollten sich die Schüler eigentlich verkleiden, aber da wir keinen wirklichen School Spirt hatten, haben sich dem entsprechend nicht wirklich viele verkleidet. Wir gewannen das Footballspiel, und am nächsten Tag ging ich mit einer Gruppe von Freunden auf den Ball. Wir waren eine der wenigen Schulen, die auch ein Winter Homecoming hatten. Also genau das gleiche wie im Herbst. Auf dem Basketballspiel habe ich mit dem Concert Choir die Hymne gesungen. Ein Moment, der mir für immer in Erinnerung  bleiben wird. Allerdings kamen eindeutig weniger Schüler zu dem Ball, was das Ganze etwas familiärer machte. Der Ball hatte das Motto „Footlose“. Die Mädels warfen sich in ihre Cowboy Boots und die Jungs kamen wie sie wollten. Es wurde Country Musik gespielt, und wir alle hatten eine gute Zeit.
Im April war der Prom, ein formaler Ball, der nur für die Juniors und Seniors war. Schon ab Januar gab dieses ein Gesprächsthema: „Mit wem gehe ich zum Prom?“ und „Wird mich jemand fragen?“, „Welches Kleid werde ich wohl anziehen?“ und so weiter. Eigentlich wollte ich wieder mit meinen Freunden zum Prom, weil man an niemanden wirklich gebunden ist, aber jemand hatte mir einen Strich durch die Rechnung gemacht. Ein Freund von mir hatte mich endlich gefragt, ob ich auf ein Date mit ihm gehen wollte. Ich sagte natürlich ja, weil ich ihn insgeheim schon länger mochte. Bei dem Date spielte er Gitarre für mich und fragte, ob ich sein Prom Date sein möchte. Als ich überglücklich nach Hause kam, erzählte ich meinen Gasteltern sofort, dass ich ein Prom Date hatte. Am nächsten Morgen weckte mich meine Mom und sagte, wir müssen umgehend ein Kleid für mich kaufen.
Der Prom an sich war etwas stressig für mich, weil ich davor mit meinem Chor auf einem Wettbewerb in Chicago war. Als ich von diesem Dreitageausflug zurück war, hatte ich nur noch Zeit, um mich für den Prom fertigzumachen. Wir trafen uns mit unseren Freunden, um Bilder zu machen und Essen zu gehen. Der Ball hatte das Motto „Hollywood“. Wir liefen auf dem Roten Teppich ein und es wurden noch mehr Bilder gemacht. Joel, mein Freund, und ich waren beide für Prom Queen und King nominiert, aber bekamen den Titel schlussendlich nicht, was unsere Laune nicht herunterzog. Ich hatte eine der besten Nächte meines Lebens. Nach dem Ball gingen wir zu einer Freundin auf eine Afterparty. Ich übernachtete dort und ging auch bald ins Bett, da ich sehr müde von dem Ausflug und dem Tanzen war. Wie ich schon erwähnt hatte, war ich in zwei Chören engagiert. Ich hatte fünf Konzerte, drei Wettbewerbe und am Ende des Schuljahrs eine riesige Chor-Show für die wir Choreografien lernten mussten. Es war sehr anstrengend neben dem vielen Sport noch Zeit und Energie fürs Singen und Tanzen aufbringen zu müssen. Aber weil Singen meine Leidenschaft ist, wollte ich den Chor nicht aufgeben. Ich hatte sehr viele Freunde im Chor und liebte es mit ihnen auf der Bühne zu stehen. Der Northwest Concert Choir war sehr talentiert und bekam immer nur Bestwerte bei den Wettbewerben, was uns einige Auszeichnungen brachte. Wir sangen unter anderem auch bei der Graduation, der Abschlusszeremonie der Seniors, meiner Schule. Meine Gasteltern unterstützen mich bei allem, was ich tat. Ich war den beiden unheimlich dankbar, dass sie mich so spontan aufgenommen hatten. Sie sind wirklich zu meinen zweiten Eltern geworden. Klar gab es manchmal Probleme, aber wenn man so eng zusammen lebt passiert das eben. Ich teilte mir ein kleines Zimmer mit der Spanierin und gelegentlich kam die Tochter meines Gastvaters vorbei und schlief auch in unserem Zimmer. Da kann man sich vorstellen, dass es Zoff zwischen mir und der anderen Austauschschülerin gab. Ich wollte schon immer einen großen Bruder haben. Dieser Wusch kam in Erfüllung, denn Josh und ich kamen super miteinander aus. Wenn er mal nicht arbeiten war unterahmen wir etwas zusammen und redeten über alles was uns so beschäftigte.   Die Austauschschüler meiner Schule sind auch zu meiner Familie geworden. Wir waren sehr verschieden, aber konnten immer auf einander zählen, wenn es hart auf hart kam. Wir kochten zusammen, machten gemeinsam Sport, machten Lagerfeuer und redeten die ganze Nacht. Die zehn Monate vergingen nur so im Flug. Und schneller als gedacht, saß ich wieder im Flugzeug nach Deutschland. Der Abschied fiel mir unglaublich schwer. Meine ganze Gastfamilie, mein Prom Partner und Freunde waren da. Es liefen sehr viele Tränen, denn ich wusste, dass ich nie mehr diesen Alltag so erleben werde, wie damals. Natürlich konnte ich es kaum erwarten meine Familie wiederzusehen. Als ich gelandet bin, bin ich aus dem Flieger gerannt, schnellst möglich durch die Kontrolle, in der ich nur auf Englisch redete, weil mein Deutsch alles andere als frisch war, und empfing meine Familie, die mit riesigen Bannern auf mich wartete. Mein Jahr in Wichita hätte besser nicht sein können! Der Anfang war sehr schwer, aber ich habe nie daran gedacht aufzugeben und blieb immer positiv, denn ich wusste, dass sich alles zum Guten wenden würde, wenn man etwas dafür tat. Ich lernte nicht nur Englisch, sondern auch, dass erste Eindrücke täuschen und dass, wenn man Menschen mit einem Lächeln empfängt, man auch eines zurück bekommt. Ich habe gelernt Dinge mehr zu schätzen und dankbar zu sein für das, was man hat.
Ich bin viel selbstsicherer geworden und selbstständiger und ich kann jedem nur empfehlen, ein Auslandsjahr zu machen.