Erfahrungsberichte aus Christchurch

Riccarton High School: Steffi K.

Kia Ora! Das ist Maori und heißt Guten Tag. Jetzt denken sicher viele von euch: Maori? Wer oder was soll das sein…? Die Maori sind die Ureinwohner Neuseelands und für alle, die auch nicht wissen wo Neuseeland ist: Das Land der Kiwis liegt rechts unterhalb Australien.
Wieso ich das erzähle? Von Anfang Juli bis Ende Dezember letzten Jahres habe ich in Christchurch auf der Südinsel Neuseelands in einer Gastfamilie gelebt und bin dort auch auf eine High School, die Riccarton High School gegangen. Nach Neuseeland wollte ich deshalb, weil ich gern Englisch sprechen wollte und mir England einfach zu nah an Deutschland war. Es gibt den Spruch: A journey of a thousand miles begins with just one step. (Eine Reise von tausenden von Meilen beginnt mit einem einzigen Schritt.) Die Entscheidung, 6 Monate in Neuseeland zu wohnen war definitiv einer der besten Schritte meines Lebens!
Nach ungefähr 22 Stunden Flug und einer kurzen Vorbereitungswoche in Wellington, der wunderschönen Hauptstadt von Neuseeland wurde ich am Flughafen von Christchurch von der Internationals-Koordinatorin meiner Schule, meiner Gastmutter und meiner Gastschwester gleich super aufgenommen. Meine Gastmom arbeitet im Antarctic Centre von Christchurch, dort gibt es Pinguine, ein Antarktisfahrzeug, das durch einen Parcours fährt (richtig lustig, wenn du aus dem Fenster schaust und auf einmal Wasser dagegen schwappt, weil du durch einen künstlichen, ziemlich tiefen Teich fährst), und einen Snow And Ice Room. Dort zieht es alle Touristen und auch Neuseeländer hin, die noch nie Schnee gesehen haben, weil es dort nicht sehr oft schneit. Dadurch, dass meine Mom dort die zweite Chefin war, konnte sie mir für alles, was ich gemacht habe, wie, Skydiving (also Fallschirmspringen mit 1min freiem Fall), Swimming with the Dolphins, Whalewatching und eine Gletschertour, Rabatte verschaffen, was natürlich ungemein praktisch war. Aber auch so war sie einfach total nett. Sie hat für mich immer extra vegetarisch gekocht, mir ganz viele Sachen gezeigt und mich auch so wie eine eigene Tochter behandelt. Töchter hat sie zwei, 15 und 17 Jahre alt, ich liege also genau dazwischen, bin aber komplett anders als sie. Wir haben uns trotzdem richtig gut verstanden. Weil meine Gastmom geschieden ist, habe ich die Töchter auch nicht immer gesehen, weil sie oft bei ihrem Vater waren, der nicht weit von uns gewohnt hat. Auch mein 20-jähriger, studierender Gastbruder war klasse, und mit unserem Hund habe ich mich gleich auf Anhieb verstanden. Außerdem gab es in meiner Familie noch zwei Katzen, die die letzten paar Monate jede Nacht beide in meinem Bett geschlafen haben. Wer selbst Katzen hat kann sich vorstellen wie eng das ist, aber ich habe mich nie getraut, sie rauszuschmeißen.
Gleich am Tag nach meiner Ankunft, war mein erster Schultag, an dem ich und die anderen Austauschschüler (drei Brasilianer, eine Schwedin, noch sechs weitere Deutsche und ziemlich viele Asiaten) erst mal einige Tests geschrieben haben, nach denen wir in Jahrgangsstufen und Kurse eingeteilt wurden. Ich kam ins Year 11, also die 11. Klasse und meine Fächer waren Maths, English, Music, Drama, History und Health und PE, was so viel ist wie Gesundheit und praktischer Sportunterricht. Nachdem wir alle eingeteilt waren bekamen wir unsere Schuluniform, auf die ich mich im Gegensatz zu anderen Internationals von Anfang an gefreut hatte. Sie sah gar nicht schlecht aus, ein kurzer blauer Rock, eine weiße Bluse mit dem Schullogo, und ein blauer Pullover und war nur am Anfang ein bisschen kalt, weil in Neuseeland Winter war. Durch Schuluniformen spart man (oder frau ) sich morgens einfach total viel Zeit. Man muss nicht vor dem Kleiderschrank stundenlang überlegen was man anzieht, um sich dann in letzter Minute doch noch anders zu entscheiden, sondern zieht sich die Uniform an und fertig. Auch nach der Schule machen die Schüler eigentlich alles mit Uniform. In der Mall (so heißen die Einkaufszentren) kann man immer anhand der verschiedenen Schuluniformen sehen, woher die einzelnen Schüler kommen. Das ist natürlich für Schüler nicht immer praktisch, weil sich viele Leute bei den entsprechenden Schulleitungen beschweren, zum Beispiel wenn sie Schüler beim Rauchen oder Trinken sehen. Das wird dort wirklich viel strenger gehandhabt als hier. Beides darf man erst ab 18, nur den Führerschein, den darf man schon mit 15 machen, so dass die meisten mit 16 bereits allein Auto fahren.
Aber was mir wirklich mit am besten gefallen hat waren die tollen Busverbindungen, die wahrscheinlich nicht so übermäßig bewundernswert sind, allerdings im Verhältnis zu daheim ein richtiger Luxus.
Die Kiwis (so nennen sich die Neuseeländer selbst) sind viel entspannter in ihrer gesamten Lebensweise, also hat es auch nichts ausgemacht, wenn ich mal einen Bus verpasst habe und deswegen erst eine halbe Stunde später mit dem nächsten zu Verabredungen gekommen bin. Eine einfache SMS (davon werden dort ungefähr 2000 pro Monat verschickt, in Worten: Zweitausend!) hat auch immer genügt um meiner Gastmom zu sagen, dass ich nicht zum Abendessen daheim bin, wo ich bin oder ob sie mich irgendwo abholen kann, was sie mir immer wieder angeboten hat.
Auch sonst sind die Neuseeländer einfach total gechillt. Sie haben eine komplett andere Lebenseinstellung als die Deutschen. Wenn mal etwas schiefgeht ist das alles kein Problem, man lernt daraus fürs nächste Mal und unnötig aufregen bringt nichts. Die Lebenseinstellung ist für mich auch eine Sache, die die Kiwis total sympathisch macht. Man wird überall freundlich begrüßt, im Supermarkt unterhält man sich an der Kasse auch mal mit wildfremden Leuten und sie sind wirklich jedem gegenüber offen. Das hat man auch bei dem Erdbeben gemerkt, was ich miterlebt habe. Nachdem ich wieder in Deutschland war, ist in Christchurch ein noch viel schlimmeres Beben passiert als das 7,4er von September, es war ja auch hier in den Nachrichten, aber auch das im September war für mich als komplett erdbebenunerfahrenen Menschen nicht von schlechten Eltern.
Mitten in der Nacht bin ich davon aufgewacht dass das ganze Haus gewackelt hat und dachte zuerst es wäre der Wind. Man merkt also es war wirklich mitten in der Nacht. Nachdem es aufgehört hatte zu wackeln (das lustige ist ja, man merkt nicht nur, dass die Wände wackeln, sondern der ganze Boden und das Bett beben) hat meine Gastmom angefangen zu schreien und wollte dass ich mich in den Türrahmen stelle, was ich natürlich, total verschlafen wie ich war erst mal gar nicht kapiert habe. Der Strom war weg, das Wasser in vielen Haushalten auch. Dafür stand es dann auf den Straßen, weil unter Christchurch ein riesiges Sumpfgebiet ist und das ganze Wasser nach oben gesickert ist.
Meine Gegend war zum Glück nicht so gut betroffen aber beim Freund meiner Gastmom waren Risse und Spalten in der Straße, heruntergefallene Schornsteine und Löcher in den Dächern. Sein Haus ist beim letzten Erdbeben komplett zerstört worden….
Die Nachbeben, die immer noch kamen als ich schon weg war, wurden irgendwann auch normal, außer wenn man nachts um 2 Uhr allein zu Hause war und von einem etwas größeren, Stärke 5 geweckt wurde.
In der Schule ging dann neben dem Erdbebennotfalltraining auch alles wieder normal zu. Die Schule dort ist wirklich „erholsam“ im Gegensatz zu unserer. Jeder hat sechs Fächer, davon fünf pro Tag. Die Schule geht um 8.35 los, die zweite Stunde um 9.35 weiter und um 10.35 ist erst mal eine halbe Stunde Pause bis um 11.00. Danach hat man wieder eine Stunde bis um 12, anschließend eine Stunde Mittagspause und dann nochmal zwei Schulstunden, um 3 ist dann Schluss. Auch das Verhältnis Schüler-Lehrer war anders als hier. Es war viel persönlicher, obwohl die Klassen ungefähr so groß waren wie unsere. Verweise gab es auch nicht, allerdings wurde man, wenn der Rock für den Geschmack eines Lehrers zu kurz war oder die Schuhe (schwarzes Leder mit einer Schnalle oben, es durfte kein Gummiband sein) nicht gepasst haben zur jeweiligen Jahrgangsstufenbetreuerin geschickt, dem Dean.
Meine Schulzeit war schon Mitte November beendet, weil dann die NCEA- Exams angefangen hatten, die Abschlussprüfungen der Kiwis. Wir hatten ein International-Programm, zu dem eine einwöchige Tour an der West-Coast gehörte. Wir waren unter anderem Kanufahren, Klettern und sind 45min unterirdisch durch einen zwischenzeitlich hüfthohen Fluss gelaufen. Das war richtig cool, es war stockdunkel wenn man die Taschenlampen ausgemacht hatte und man musste häufiger über ziemlich große, rutschige Steine klettern. Von meiner Gruppe ist aber keiner komplett ins Wasser gefallen.
Zusätzlich zu dem International-Programm habe ich noch eine einwöchige Tour um die Südinsel gemacht. (Ich war mit Flying Kiwi unterwegs, die Organisation ist wirklich zu empfehlen). Wir waren in einem Bus unterwegs, hatten ein paar Fahrräder und Zelte dabei und haben auf Campingplätzen übernachtet. Allerdings wurde auch zweimal in einem „Bushcamp“ geschlafen, es gab ein Plumpsklo und sonst nichts, aber wir wurden für die Aussicht auf den Lake Tekapo und Mount Cook dahinter entschädigt.
Weil mir alles so gut gefallen hatte, wollte ich unbedingt bis Ende Dezember verlängern und auch über Weihachten dableiben, was mit meiner Organisation (iSt, international Studies) wunderbar funktioniert hat. Auch sonst waren meine Ansprechpartner von iSt supernett, man konnte immer Emails schreiben und es wurde sofort geantwortet. Wenn etwas wirklich wichtig war, war auch anrufen kein Problem.
So einen High School Aufenthalt kann ich wirklich nur empfehlen, man macht so viele Erfahrungen und lernt so viele neue Menschen kennen. Über Skype lässt sich auch nachher immer noch gut Kontakt halten.

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