Erfahrungsberichte aus Quebec

L'Achigan: Matthias P.

QC- Spätsommer

QC-Natur Winter

QC-Stadt

Nun ist es inzwischen über ein Jahr her, dass ich nach Québec aufgebrochen bin, aber selbst der Beginn ist mir noch sehr präsent. Los ging es für mich im August in den französischen Teil Kanadas. Während des Vorbereitungsseminars lebte ich bereits bei meiner „festen“ Gastfamilie, da diese auch in St. Lin de Laurentides wohnte, wo das Seminar stattfand. Während dieser Woche waren alle Austauschschüler, die mit der Partnerorganisation ASSE ihr Programm durchführten, versammelt, um einerseits noch etwas über die Kultur Quebecs zu lernen, andererseits aber auch um das Französisch etwas anzugleichen. In meiner Gastfamilie war ich eine Art sehr großer Bruder; meine 5 Gastgeschwister waren alle zwischen 3 und 9 Jahre alt. Im September ging auch die Schule los. Ähnlich wie in den USA werden die Schülerinnen und Schüler mit gelben Schulbussen vor ihren Häusern „eingesammelt“ und in die Schule gefahren. Die Schule selber lag im Nachbarort St. Roch de l'Achigan und bestand aus einem zweistöckigen Gebäude und einem sehr großen Schulhof plus angrenzendem Park. Im Erdgeschoss befanden sich die Spinde, die sich jeweils 2 Schüler teilten, sowie Aula, Turnhalle und Cafeteria. Oben waren sämtliche Klassenräume. Mein Stundenplan sah täglich 4 Stunden zu je 75 Minuten vor. Diese wurden durch sehr lange Pausen getrennt, sodass der Schulbetrieb zwischen 9:15 Uhr bis 16:00 Uhr stattfand. Ich hatte 9 Fächer, wo ich neben „normalen“ Fächern wie Französisch oder Mathe auch etwas exotischeres wie Kochen gewählt hatte, um auch mal etwas auszuprobieren, was ich in Deutschland nie in der Schule überhaupt angeboten bekäme. Im Stundenplan selber gibt es aber auch eine Besonderheit in Québec: Anstatt wie hier in Wochenzyklen sind die Stundenpläne dort in 9-Tages-Zyklen gegliedert, sprich man fängt nicht bei jeder Woche neu an zu zählen sondern macht da weiter, wo man aufgehört hat. Das Verhältnis zwischen Schülern und Lehrern unterscheidet sich auch stark von der deutschen Gewohnheit. Anstatt wie eine Art „höhere Wesen“ dazu stehen, ist die Atmosphäre in kanadischen Klassenräumen wesentlich freundschaftlicher und lockerer, was auch dadurch herrühren mag, dass die Schüler an meiner Schule mit ihren Lehrern per „du“ waren. Die Lehrer waren mir gegenüber auch sehr hilfsbereit, wenn es am Anfang darum ging, meine sprachlichen Lücken aufzufüllen. Derartige Probleme hatten sich aber sehr schnell erledigt und spätestens seit November war ich zu einer ähnlich tiefgreifenden Konversation in der Lage, wie ich es auch im Deutschen wäre. Dies ist nicht zuletzt auch den Québécois zuzuschreiben, die mich wirklich dort abgeholt haben, wo ich mich mit meinem Sprachniveau aufhielt. Sie haben sich bemüht für mich extra langsam, in einfachen Worten und möglichst dialektfrei zu sprechen, was zwar etwas aufgesetzt klang, mir aber solange, bis ich das Quebecer Französisch verstand und mir sogar selber angewöhnt habe, äußerst hilfreich war. Im weiteren Verlauf musste ich wegen einer Erkrankung meines Gastvaters die Gastfamilie wechseln. Dies hat aber dank der „Area Rep“ schnell und super geklappt. Sie kam an diesem Tag in die Schule und hat mir erklärt, dass ich meine Gastfamilie wechseln müsse. Das kam für mich sehr überraschend, erst recht, weil der Wechsel noch am gleichen Tag stattfinden sollte. Am Abend war es dann soweit. Nach einem letzten Abendessen bei meiner alten Gastfamilie fuhr mich die Area Rep in meine neue Gastfamilie. Diese war etwas anders aufgebaut. Meine Gasteltern arbeiteten beide, und ich hatte drei Gastgeschwister, zwei jüngere (11 und 13 Jahre) und eine ältere, die nur an den Wochenenden da war, da sie bereits auf die Oberstufe, das „CEGEP“ ging, das in einer anderen Stadt lag. Ich will nicht sagen, dass dieser Wechsel der Gastfamilie meine Erfahrung verschlechtert hat, ganz im Gegenteil, ich habe mich auch in meiner zweiten Gastfamilie absolut wohl gefühlt. Bald nach dem Wechsel brach der Winter an. Im November lag bereits Schnee und die Temperaturen waren auch weit unter dem, was man in Deutschland kennt. Daran gewöhnt man sich aber sehr schnell, außerdem bietet einem der Schnee ganz andere Möglichkeiten und zeigt einem die Schönheit der lokalen Natur von einer ganz anderen Perspektive. Die Möglichkeit, dieses Naturschauspiel zu beobachten, hatte ich bis Anfang April, wo ein anderes großes Highlight meines Aufenthaltes in Kanada war. Ich war bei einem Schulausflug dabei, bei dem es für ein Wochenende nach New York ging. Diese Fahrt war für mich ein außerordentliches Erlebnis, da ich der Meinung bin, dass mich dieses Wochenende noch näher an die Kultur der Québécois herangeführt hat. Nach meiner Rückkehr war der Schnee, der das Landschaftsbild fast fünf Monate geprägt hatte, auf einem Schlag weg, und die Temperaturen stiegen sehr schnell auf ein sommerliches Niveau an. In dieser Zeit war unheimlich viel los. Es wurden die Vorbereitungen für das Schuljahresende getroffen, der Unterricht führte immer deutlicher zu den Abschlussarbeiten und auch anderweitige schulische Aktivitäten wie etwa Ausflüge summierten sich. Diese Zeit habe ich einerseits am meisten genossen aber andererseits wurde auch die Wehmut immer größer, weil durch die von allen Seiten propagierte Stimmung, dass für meine Mitschüler die „école secondaire“ bald vorbei war, auch bedeutete, dass meine Tage in St. Lin de Laurentides ebenfalls gezählt waren. Dennoch war gerade dieser Zeitabschnitt voller Erfahrungen, die ich sonst entweder nie oder in völlig anderem Umfang gemacht hätte. Allein das ganze Zeremoniell um die Verleihung der Abschlusszeugnisse, bei denen wir einzeln in einer Robe mit Doktorhüten unsere Diplome überreicht bekamen, hätte so in Deutschland nie stattgefunden. Auch ein Abschlussball wäre hier nicht so groß ausgefallen, dass sich die Gäste extra exklusive Karossen anmieten, um mit diesen vorzufahren. Nach diesem Ausklang des Schuljahres hat mir meine Gastfamilie am letzten Wochenende in Kanada Quebec-City gezeigt, damit ich von der Provinz Québec mehr sehe als „nur“ St. Lin de Laurentides und Montréal.
Nach diesem Wochenende gingen die großen Abschiede los, was eine sehr traurige Angelegenheit war. Ich bin mir aber sicher, dass diese Abschiede nur auf Zeit waren, da ich unbedingt zurück will in dieses Land, um meine Gastfamilie und meine Freunde wiederzusehen, deren Offenheit, deren Hilfsbereitschaft und deren Gastfreundschaft ich die spannendste, ereignisreichste und interessanteste Zeit meines Lebens zu verdanken habe.  

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