Erfahrungsberichte aus Manitoba

Winnipeg: Jana P.

Der kürzeste Weg zu sich selbst führt um die Welt herum. Hermann Keyserling Als ich vor einem guten Jahr im Flieger nach Kanada saß, hatte ich noch keine Ahnung, wie wahr dieser Spruch ist und wie sehr mein 10-monatiger Aufenthalt in Winnipeg mich tatsächlich prägen würde. Seit Anfang Juli bin ich wieder zu Hause, und selbst wenn nicht alles einfach war, denke ich jeden Tag gerne mit einem Lächeln an die unglaubliche Momente zurück, die ich dort erlebt habe! Angefangen mit meiner Ankunft im September: todmüde, aber furchtbar aufgeregt stand ich damals meiner Gastfamilie gegenüber und wollte am Besten alles auf einmal und so schnell wie möglich erleben. Meine Gastfamilie war anfangs wirklich sehr nett zu mir, aber nach zwei Wochen gab es schon die ersten Probleme zwischen uns. Ich war so kurz nach meiner Ankunft leider total überfordert damit und froh, dass ich mich total auf meine Familie zu Hause verlassen konnte. Nach einigen Komplikationen mit meinen Gasteltern stand jedoch nach einem sehr tränenreichen Gespräch auf beiden Seiten fest, dass ich nicht dort wohnen bleiben kann. Zu dem Zeitpunkt hatte ich schon einige nette Bekanntschaften in der Schule, da ich sofort mit zwei anderen deutschen Freunden dem Cross Country Team (Langstreckenlauf) beigetreten bin. Dennoch war ich ein wenig angeschlagen als ich schließlich in meiner 2. Gastfamilie ankam. Dummerweise hatte die alleinerziehende Mutter von drei Kindern bei der ich dann wohnte sehr, sehr viel zu tun gehabt und dementsprechend verwüstet sah es mit drei Hunden im Haus auch aus. Ich war damals sehr enttäuscht und echt niedergeschlagen, denn so hatte ich mir das wirklich nicht vorgestellt. Es war Mitte Oktober und bis dahin habe ich die Offenheit, wahre Hilfsbereitschaft und Wärme der Kanadier noch nicht kennengelernt. In der Schule lief es jedoch immer besser: meine Fächer Englisch, Band, Französisch, Fotographie und Mathe waren wirklich nicht besonders anspruchsvoll, aber zusammen mit einer anderen deutschen Austauschschülerin habe ich schneller Leute kennengelernt als erhofft. Auch von den Lehrern war und bin ich immer noch unglaublich begeistert; von so einer guten Beziehung zwischen Lehrern und Schülern kann man in Deutschland nur träumen. Als meine Französischlehrerin von der Situation in meiner Gastfamilie gehört hatte, hat sie mich sofort umarmt, mich getröstet und wollte mir unbedingt irgendwie helfen! Ich war echt total positiv überrascht, als meine Bandlehrerin mich dann einige Tage später auch in ihr Büro gerufen hat, um zu fragen, warum ich so bedrückt aussehe. Die hat dann tatsächlich die halbe Schule auf den Kopf gestellt, ist mit mir zur Beratungslehrerin gegangen und dann habe ich sogar mit dem stellvertretenden Schulleiter geredet. Mehr als einmal hat meine Bandlehrerin mir auch Kekse mitgebracht und alles getan um mich aufzuheitern. Obwohl ich die Lehrerin noch nicht einmal 2 Monate kannte, hat sie sich wie eine Mutter um mich gekümmert ! Diese Mitliebe, durfte ich während des Jahres noch öfter von Kanadiern erfahren und hat mich immer wieder beeindruckt. Echt unglaublich, wie fürsorglich und teilnahmsvoll sich sowohl die Lehrer als auch Freunde in der Schule damals um mich gekümmert haben; das werde ich nie vergessen. Da habe ich gelernt wie wichtig es ist, einem Menschen wirklich offen zuzuhören und wie viel für einen selber unbedeutende, kleine Gesten bei jemand anderem ausmachen können. Ich habe mich wirklich über jedes geschenkte Lächeln und jede Umarmung gefreut. Zum Glück bin ich dann nach 2 Wochen zu meiner letzten Gastfamilie gezogen. Ich wohnte also für die letzten acht Monate bei einem älteren Ehepaar, die ihre Katze über alles geliebt haben. In der ersten Zeit kam ich mir tatsächlich vor wie im Paradies: es gab Orangensaft, warme Mahlzeiten und ich hatte ein schönes Zimmer! Wie sehr meine Ansprüche und Gewohnheiten sich schon jetzt von denen, die ich in Deutschland noch hatte, unterschieden. Das Halbjahr ging mit meinem ersten Thanksgiving, vielen Geburtstagsfeiern, einem ziemlich anderen, aber echt schönen Weihnachtsfest und den Exams in der Schule zu Ende. Es war Zeit den zwei anderen Deutschen, die noch auf meiner Schule waren und mit denen ich richtig dicke geworden bin, auf Wiedersehen zu sagen. Gleichzeitig ist zum 2. Halbjahr auch eine Brasilianerin bei uns eingezogen. Gabriela, meine neue Schwester! Im 2. Halbjahr haben sich auch meine Fächer geändert: Chor, Sport, Kunst und Band war jetzt auf dem Tagesplan. Auch die Freundschaften in der Schule sind stärker geworden, während sich manche aber auch verlaufen haben. Ich bin durch Gabriela mit vielen Brasilianern in Kontakt gekommen, was auch eine ganz neue, gute Sache war. Insgesamt habe ich durch die anderen internationalen Schüler in meinem Programm sehr viel über deren Länder und Kultur gelernt, was mich total interessiert.
Auch sehr lustige Dinge, zum Beispiel essen viele Brasilianer immer Ketchup auf Rührei und ihrer Pizza! Manchmal werde ich gefragt, was denn jetzt das Beste an der Zeit war, aber das kann ich gar nicht so pauschal sagen. Immer wenn ich von meinen Erlebnissen dort erzähle, wie lange Nächte mit Freunden am Lagerfeuer, Konzerte, endlose Shoppingtouren oder der Roadtrip nach Saskatchewan, fangen meine Augen an zu leuchten. Es sind alle Dinge zusammen, große und kleine, die das Jahr für mich unvergesslich, atemberaubend und wie ein Traum erscheinen lassen.
Ich habe dieses Land der unendlichen Weite, des eiskalten Winters und ganz viel Kaffee von Tim Horton‘s trotz vielen Herausforderungen zu lieben gelernt und jeder Augenblick wird selbst in zwanzig Jahren noch in meinem Herzen weiterleben, denn diese Erinnerungen kann mir keiner mehr nehmen! Peace out Winnipeg, eh !!

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