Erfahrungsberichte aus British Columbia

Kelowna: Svenja K.

Hallo, ich heiße Svenja und ich habe 5 Monate meines Lebens eine High School in Canada besucht. Für mich stand schon recht früh fest, dass ich einmal einen Auslandsaufenthalt machen möchte. Irgendwann war ich dann auf einer Messe, hatte aber noch keinen richtigen Plan und so nahm ich einfach alle möglichen Kataloge mit, die ich daheim dann später stundenlang gewälzt habe. Dazu musste ich noch meine Eltern überreden, was auch nicht so leicht war. Nach langem Abwägen und auch hin und wieder Streitereien durfte ich mich schließlich, fast ein Jahr vorher, bewerben, das zweite Halbjahr der 10. in Kelowna zu verbringen. Im Nachhinein kann ich sagen, dass das eigentlich ein guter Zeitpunkt war, da ich so das Wichtigste aus der 10. Klasse noch mitgenommen habe und trotzdem nicht wiederholen musste. Außerdem wäre ich im ersten Halbjahr noch 14 gewesen, was besonders meinen Eltern noch zu jung war. Das Interview bei iSt verlief ganz okay, es war eigentlich recht entspannt. Mir wurden ein paar Fragen gestellt und ich musste kurz etwas Englisch reden, aber das war überhaupt nicht so schwer, wie ich gedacht hatte. Nach dem Interview wurde mir gesagt, dass ich angenommen war und meiner Familie wurde ein Angebot zugeschickt. Später musste ich dann noch ein paar Unterlagen ausfüllen und natürlich meinen Host-Family-Letter (den Brief an die zukünftige Gastfamilie) verfassen. Bereits im Oktober kam dann ein Brief mit meiner Gastfamilienadresse, ich habe mich unheimlich gefreut und sofort eine Mail verschickt. Auch sonst hab ich mich ziemlich gut informiert, hab die Schulhomepage der Okanagan Mission Secondary School besucht oder bin mit Google Street View in Kelowna auf- und abgefahren. Ich war total aufgeregt und versuchte auch schon vorher, reichlich Kontakt mit meiner Gastfamilie herzustellen, was nicht immer sooo gut klappte, denn sie hatten natürlich beruflich und auch sonst viel zu tun (und außerdem sind Kanadier generell etwas schreibfaul, hab ich mir sagen lassen). Dann, Ende Januar, war es endlich soweit. Irgendwie hatte ich es geschafft, alles in meinem Koffer unterzubringen, mich von meinen Freunden bei einem kleinen Abschiedsabend zu verabschieden und dann stand ich auch schon am Flughafen. So, Gepäck abgeben, meinen Eltern noch kurz Tschüss sagen (haben es kurz gehalten, damit nicht doch noch die Tränen kamen) und auf ging’s! Der Flug verlief recht ereignislos, beim Umsteigen in Vancouver habe ich leider einmal meinen Reisepass liegen lassen und musste nochmal zurückrennen (mein erster Kontakt mit kanadischem Personal war nicht gerade angenehm), aber sonst war alles ok. Nach noch einer knappen Stunde Flug sah ich dann endlich im Flugzeug durchs Fenster die Lichter von Kelowna und konnte es selbst kaum glauben. Es kam mir alles vor wie ein Traum. Am Flughafen angekommen, wartete auch schon meine Gastfamilie auf mich. Ich erkannte sie sofort: Meinen Gastvater, meine Gastmutter und meine beiden kleinen Gastschwestern (4 und 8 Jahre), wie sie alle nebeneinander standen und ein buntes Begrüßungsplakat in den Händen hielten. Zusammen mit mir holten sie noch mein Gepäck und dann fuhren wir in mein neues Zuhause für die nächsten 5 Monate. Anfangs war ich sehr schüchtern und habe eher rumgestottert, außerdem war ich sehr müde. Ich war abends angekommen, aber nach dem Dinner habe ich mich dann entschuldigt und bin ins Bett gegangen. Am nächsten Tag musste ich sofort früh raus und hatte um 8 Uhr Schule. Mein Gastvater hatte mir dies schon angekündigt, aber irgendwie war es doch ein ziemlicher Schock, vor allem, da ich von anderen Austauschschülern gehört hatte, dass sie dort immer ein paar Tage schulfrei zum Eingewöhnen hatten. Kann aber auch sein, dass es meinem Gastvater nur besonders wichtig war, dass ich in die Schule ging, immerhin war er der Konrektor. Er ist mit mir auch am ersten Tag zur Schule gelaufen (ich wohnte nur 5 min von der Schule weg) und hat mich bei einer anderen Lehrerin abgesetzt, die mir alles gezeigt hat. Außerdem durfte ich noch meine Fächer wählen, ich hatte insgesamt vier Fächer, davon zwei pro Tag. Es gab keine Pflichtfächer, nur entweder Social Studies oder English. Da der English-Kurs aber voll war, kam ich in Social Studies 10. Außerdem hatte ich noch Drama, Psychology und Art. Insgesamt bin ich echt froh, dass ich mir die OKM ausgesucht habe: Alle meine Fächer waren echt toll und sowohl Schüler als auch Lehrer sehr nett. Zum Beispiel in Drama war die Atmosphäre einfach klasse, es ging echt lustig zu, weil wir oft Theaterübungen oder Spiele veranstaltet haben, es hat sich nicht wirklich angefühlt wie Schule. Auch in Art war es so ganz anders als im Kunstunterricht in Deutschland. Uns wurden alle möglichen Materialien zur Verfügung gestellt und wir durften vieles ausprobieren. Unser Lehrer war immer gut gelaunt und hat zwar Aufgaben gestellt, die jedoch so frei waren, dass man am Ende doch irgendwie alles daraus machen konnte. In diesem halben Jahr habe ich in Art getöpfert, gedruckt, gemalt und sogar mit Photoshop am Computer etwas gemacht. Vor Ostern durften wir einmal auch Ostereier nach einer bestimmten ukrainischen Technik färben. Wer gerne zeichnet oder malt, dem würde ich es echt ans Herz legen, Art zu belegen! Meine Psychology Class war auch immer super. Wir haben sehr interessante Themen behandelt und auch lange Diskussionen geführt. Was in Psychology erzählt wurde, das blieb dort. Jeder konnte offen reden und auch unsere Lehrerin war einfach die Beste! Und auch Socials, mit dem ich mich am Anfang gar nicht anfreunden wollte, habe ich irgendwie ins Herz geschlossen. Zu Beginn hatten wir eine Lehrerin, die alle etwas komisch fanden, aber nach einem Monat bekamen wir eine neue, die echt total nett und cool war. Natürlich gab es in Socials keine so gelassene Atmosphäre wie in Drama, aber auch hier hat sich der Unterricht echt vom deutschen unterschieden. Man konnte immer nachfragen, wenn man etwas nicht verstanden hatte; wir haben die Themen sehr ausführlich behandelt und ich war erstaunlicherweise echt gut darin. Generell war die Schule einfach sehr gut ausgestattet im Gegensatz zu meiner Schule in Deutschland. In jedem Klassenzimmer befanden sich Laptops für jeden, oft wurde auch im Unterricht mit ihnen gearbeitet. Es wurden auch viel mehr Filme geschaut und in Art haben wir sogar Photoshop und Grafiktablets zur Verfügung gestellt bekommen. Normalerweise fing die Schule um 9 Uhr an, meine Gasteltern und meine Gastschwestern mussten aber schon um 8 Uhr weg. Trotzdem bin ich mit ihnen aufgestanden und habe mit ihnen gefrühstückt (mehr oder weniger, wie es eben ging im morgendlichen Stress). Danach hatte ich noch fast eine Stunde Zeit für mich, die ich oft fürs skypen mit meinen Eltern genutzt habe. Viele sagen, man sollte nicht zu oft Kontakt nach Hause halten, aber ich kann mir nicht vorstellen, warum. Mein Englisch hat sich dadurch nicht verschlechtert und auch sonst hat mir das skypen eher geholfen. Ich konnte so meinen Eltern einfach alles erzählen und das war schön. Um kurz vor 9 lief ich dann in die Schule, dann hatten wir ein Fach bis zur Mittagspause. Welches das war, änderte sich in einer Art Rotationszyklus, das wurde mir vorher erklärt und man hatte einen Kalender, in dem immer stand, welches Fach man an welchem Tag hatte. In der Mittagspause wurde zwar Essen verkauft, aber die meisten hatten selbst was dabei, auch ich. Nach der Mittagspause hatte ich dann noch ein Fach bis halb vier nachmittags. Dienstags hatte ich außerdem noch Outdoor Education und im Sommer war ich dann montags und mittwochs noch beim Tennistraining. Leider war ich nicht gut genug, um mit dem Tennisteam zu spielen, aber auch das Training hat schon Spaß gemacht. Abends zwischen 5 und 6 kamen dann meine Gasteltern und es gab Dinner. Nach dem Dinner habe ich manchmal noch etwas mit meinen kleinen Gastschwestern gemacht, dann wurden sie zu Bett gebracht und auch ich bin dann in mein Zimmer gegangen, habe noch gelesen oder so und bin dann auch schlafen gegangen. Zu Beginn fiel mir es nicht so leicht mit meiner Gastfamilie. Meine kleinen Gastschwestern waren sehr schüchtern und auch ich war etwas unsicher und hatte Heimweh. Mit meiner Gastmutter habe ich mich jedoch sofort gut verstanden und nach ein paar Monaten bin ich auch mit meinem Gastvater und meinen kleinen Gastschwestern gut klargekommen. Meine Gastfamilie hat sich sehr gut um mich gekümmert und sie haben wirklich viel mit mir gemacht, so waren wir im Winter am Wochenende oft Skifahren auf Big White (dem Skigebiet mit dem besten Schnee in Canada, nur eine Stunde weg von Kelowna) oder einmal deutsch essen. Zu Ostern durfte ich sogar mit nach Duncan auf Vancouver Island, wo ich meine Gastgroßeltern kennen gelernt habe, die mich auch sehr nett aufgenommen haben. Generell habe ich in Canada unheimlich viel erlebt, zu viel, um es hier alles genau zu beschreiben: Ich war zelten in Tofino mit Outdoor Ed, habe den Rocky Mountains Trip mit anderen Austauschschülern gemacht, war an Ostern nochmal auf Vancouver Island… Im Sommer waren wir auch dreimal segeln mit Outdoor Ed, das war dann auch direkt nach der Schule. Der Okanagan Lake war nämlich wirklich nah, nur 20 min von der Schule und er ist wunderschön! Im Sommer war ich so mal mit Freunden am Strand oder auch kurz baden, dafür war er im Juni dann aber doch noch etwas kalt… Nach drei Monaten (ich kann mich gar nicht mehr genau erinnern) war dann auch mein Heimweh weg und die Zeit ging viel zu schnell um, bis dann meine Eltern mich Anfang Juli abgeholt haben. Mein schönstes Erlebnis war, dass mich meine größere Gastschwester am Vorabend vor unserer Abreise umarmt hat und mir gesagt, dass sie am liebsten mit mir kommen würde. Danach bin ich noch zwei Wochen mit meinen Eltern im Wohnmobil umhergefahren, wir waren in den Rockies und noch einmal auf Vancouver Island. Für mich war das ein sehr schöner Abschluss. Insgesamt hat mir mein Aufenthalt unheimlich viel gebracht, finde ich. Ich bin unabhängiger und selbstständiger geworden, ich habe Dinge erlebt, die ich so gar nicht beschreiben kann (die Woche Backpacken mit Outdoor Ed zum Beispiel, das war einfach genial) und ich habe gelernt, mich in einer zuerst einmal fremden Kultur zuhause zu fühlen. Mein Englisch ist flüssig und fast akzentfrei (bin die Beste in meinem Leistungskurs). Wenn mich jetzt jemand fragt: „Wie war‘s eigentlich in Canada?“, dann weiß ich gar nicht, was ich sagen soll. Schön, aber das reicht nicht aus. Es gab dort Höhen und Tiefen, gute und schlechte Tage, wie hier auch. Und irgendwann fühlt sich dort alles so… normal an, so wie daheim auch. Und auch, weil man das gar nicht beschreiben kann, kann ich es nur jedem empfehlen, einmal selbst für eine Zeit ins Ausland zu gehen. Es gibt dort so viele aufregende Dinge, die auf einen warten und man nimmt so viele Erfahrungen mit, das muss man einfach selbst erleben! Alles Liebe und Gute Svenja

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