Erfahrungsberichte aus Elortondo

Elortondo: Bente B.

Asado

Familie

Pinguin

Buenos Aires

Warum Argentinien? Berühmt für Argentinien sind die Gastfreundlichkeit und Offenheit. Solltest du also nach Argentinien gehen, wirst du sicherlich keine Schwierigkeiten haben, Freunde zu finden! Aber das ist nur ein Punkt von vielen. In Argentinien wird Spanisch gesprochen. Das argentinische Spanisch oder auch Castellano unterscheidet sich jedoch in einigen Punkten vom europäischem. So sind zum Beispiel der Wortschatz und die Aussprache ein bisschen anders, und es gibt andere Formen für „Du“ („Vos“) und „Ihr“ („Ustedes“).
Das Land ist in mehrere Provinzen unterteilt, die sich voneinander teils sehr in Lebensstandard, Klima, Traditionen und vielem mehr unterscheiden. Ich habe in Santa Fé gelebt, diese Provinz ist mit Córdoba die, in die die meisten Austauschschüler kommen. In Córdoba fand auch das Vorbereitungscamp (5 Tage) mit den anderen Austauschschülern statt. Insgesamt waren wir 25 Europäer (davon etwa die Hälfte deutsch) und haben dort unsere ersten Eindrücke gesammelt und Spanisch gelernt. Es gab zwei Gruppen: Eine für diejenigen, die vorher schon Spanischunterricht gehabt hatten und nun die Unterschiede zum Castellano gelernt haben, und diejenigen, die noch gar keine Kenntnisse hatten.
Danach kamen wir direkt zu unseren Gastfamilien. Wie viele andere hatte ich vorher schon Kontakt zu meiner. Mit den beiden Gastschwestern (17 und 21 Jahre) hatte ich über WhatsApp geschrieben. Sie hatten mir ein Plakat gemalt, auf dem „Bienvenida“ (Willkommen) stand, und es über die Tür zur Küche gehängt.
Am Tag darauf war mein erster Schultag – alle waren total aufgeregt, endlich „die Deutsche“ kennenzulernen. Ich war allerdings um einiges aufgeregter, als sich die gesamte Schule (ca. 200 Schüler und 20 Lehrer) zum morgendlichen Hissen der Flagge versammelte und die Direktorin mich bei der Gelegenheit allen vorstellte. Alle waren von Anfang an freundlich, geduldig mit meinen wenigen Sprachkenntnissen und bereit, mir dabei zu helfen, in den Alltag zu kommen. Nach und nach wurde alles zur Routine. Morgens stand ich gegen 10 Uhr auf, um Einkäufe für das Mittagsessen oder für mich zu machen, im Haushalt zu helfen oder das zu machen, wozu ich gerade Lust hatte. Argentinier essen normalerweise kein Frühstück – sie trinken höchstens einen Kaffee. Gibt es dann aber doch einmal Frühstück, kann man von Müsli und Toast über Gebäck und Croissants bis zu Keksen und Kuchen eigentlich alles essen.
Um 12 gab es dann Mittag – zum Beispiel Milanesa (Schnitzel) mit Salat, Empanadas (Teigtaschen) oder Geflügel mit Pommes. Sonntags ist der Asado (Grillen) mit der Familie fast obligatorisch!
Ich hatte nachmittags Schule, also von 13 bis 18 Uhr. Unterrichtsfächer waren u.a. Verwaltung, Recht, Wirtschaft und Betriebssysteme. Die Fächer kommen allerdings auf die Schulform an – andere Schulen bieten mehr Naturwissenschaften an und die „Escuelas del campo“ spezialisieren sich auf Agrararbeit, dort gibt es oft kleine Tierfarmen und man lernt, wie eine Farm funktioniert. Die Schulform kann man allerdings normalerweise nicht selbst aussuchen.
Da es erst gegen 22 Uhr Abendessen gibt, trinken viele Argentinier am späten Nachmittag Mate. Dazu trifft man sich oft mit Freunden auf dem Platz. Mate ist das Nationalgetränk. Es wird in einem speziellen Gefäß serviert, dazu wird die Yerba (Kräuter) mit heißem Wasser aufgegossen und jeder trinkt aus einem metallenen Strohhalm. Nach der Schule finden außerdem Hobbies statt – ich bin mit meiner Gastschwester zum Basketball gegangen und habe in der Band der Gemeinde Posaune gespielt. Argentinien ist ärmer als Deutschland. Es gibt viele Familien, die nicht viel haben, es gibt nicht geteerte Straßen und Kabel, die an Masten über den Köpfen verlaufen. In der Kleinstadt (5.000 Einwohner), in der ich gelebt habe, waren die Häuser meist einstöckig und verglichen mit deutschen klein. Nicht verputzte Wände sind durchaus nicht selten.
Und doch fehlte es den meisten nicht am Grundsätzlichen. Sachen wie warmes Wasser und Strom sind auch in Argentinien eine Selbstverständlichkeit und der Internetanschluss ist teilweise besser als in Deutschland (jedenfalls in der Gegend, in der ich war). Jeder hat einen Fernseher und ein Handy. Man sollte sich vom Äußeren eines Hauses nicht abschrecken lassen, von innen sieht es oft ganz anders aus. Für Argentinier ist deutsches Landleben außerdem unvorstellbar – ich komme aus einem kleinen Dorf ohne Supermarkt, was dort undenkbar wäre. Jedes Dorf hat mehrere Geschäfte und eine beachtliche Anzahl an Restaurants und ähnlichem.
Das liegt daran, dass man in Argentinien um einiges mehr aus dem Haus geht. Einen Tag drinnen zu verbringen ist nicht möglich, man trifft sich mit Freunden, isst im Park zu Abend oder zu Mittag oder fährt ganz einfach Runden durch die Innenstadt, ohne ein wirkliches Ziel zu haben. Abends, wenn die Hitze des Nachmittags verschwunden ist, sitzen Jugendliche auf den Bürgersteigen und trinken Mate. An Einladungen von Freunden und Klassenkameraden mangelt es dank der argentinischen Offenheit nie. Zudem wird viel gefeiert – es gibt eine Vielzahl an Feiertagen und jedes Wochenende hat die Disco auf. Im Gegensatz zu deutschen Discos öffnen sie gegen 1 Uhr nachts und schließen etwa 8 Uhr morgens. Den nächsten Tag verbringt man dann meistens schlafend. Meine größte Feier war der Abschlussball meiner Gastschwester. Um 21 Uhr fing das Abendessen an, mit verschiedenen Gängen, und von Mitternacht bis 7 Uhr morgens wurde getanzt.
Auffallend sind auch die vielen Kommunikationsmittel. Meine Kleinstadt hatte beispielsweise gleich zwei Fernsehsender, in einem habe ich als Deutsche über meinen Austausch gesprochen. Außerdem hat unsere Koordinatorin ein paar andere Austauschschüler und mich zu einem Radiosender gebracht. Fast alle zeigen Interesse und Neugier an Deutschland, man ist als Europäer quasi eine kleine Berühmtheit. Mein Gastvater hat mir oft Sachen über Argentinien gezeigt und mich danach gefragt, wie genau das denn in Deutschland ist. Also – geh nach Argentinien! Pack deine Koffer und mach dich auf in ein Abenteuer, lebe in einer anderen Kultur und lass dich von ihr verzaubern!